Im Companion Guide to Jugoslavia des Engländers J. A. Cuddon heißt es zu Pula „Lange wird sich hier wohl niemand aufhalten wollen, weil der moderne Teil der Stadt wenig anziehend ist und auch der Strand kaum Reize bietet, aber ein Tag wird schon nötig sein, wenn man die Reste aus der Römerzeit sehen will. Wer hier zur Nacht bleiben will, findet im Hotel Riviera vorzügliche Unterkunft und Küche; es gibt aber an der Hauptstraße noch zwei andere Restaurants.“ – Das war im Jahre 1968. Heute gibt es schon ein paar mehr Restaurants. Obgleich die wirklich empfehlenswerten etwas Suche erfordern und bisweilen eher außerhalb der Stadt auf dem Land zu finden sind. Doch dazu später mehr.
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Pula zu Zeiten der Monarchie
Unsere Unterkunft liegt neben einem großen Werftgelände, das die Stadt vom Meer trennt, wie es bei so vielen traditionellen Hafenstädten weltweit der Fall ist. Von dort schlendere ich entlang der Riva in Richtung Altstadt. Hinter den hohen Mauern und Hallen der Uljanik Werft ragen Krananlagen in den blauen Himmel. Im Jahre 1856 gründete die österreichische Kriegsmarine das k. u. k. Seearsenal Pola, welches von Kaiserin Elisabeth (seit den Ernst-Marischka-Filmen besser als Sissi bekannt) persönlich eingeweiht wurde. Ich stelle mir vor, wie die damals 21-jährige Sissi in wallendem weißen Kleid vor einer Reihe backenbärtiger Männer in Uniform zärtlich den Grundstein in den Sand der Adriaküste gräbt.
Direkt neben dem Amphitheater liegt der kleine Park Valeria. Dort stand einst eine Statue zu Ehren von Sissi (auch als Elisabeth Amalie Eugenie, Herzogin in Bayern, bekannt). Die schon damals beliebte Kaiserin verbannte immerhin eine Amor-Statue von ihrem Sockel. Später tauschten die Italiener die Kaiserin durch die römische Wölfin mit Romulus und Remus aus, die sie aber nach dem Zweiten Weltkrieg mit nach Hause nahmen. Ein Matrosendenkmal nahm ihren Platz ein; doch auch dieses blieb nur bis zum Jahre 1995. Heute müssen wir uns mit einem Springbrunnen begnügen.
Aber ich schweife ab. Eigentlich wollte ich von den backenbärtigen Männern auf das ehemalige k. u. k. Offizierskasino aus dem Jahre 1913 kommen, in dem man in einem Raum ihre Porträts in Reih und Glied betrachten kann. Angeblich soll es in dem marmornen Gebäude eine Bibliothek mit 18.000 Bänden zur Seefahrt aus dem 17. und 18. Jahrhundert geben. Bei meinem letzten Besuch war diese leider nicht zugänglich. Der General mit dem mächtigsten Backenbart ist Wilhelm von Tegetthoff, der ehemalige Kommandant der österreichischen bzw. österreichisch-ungarischen Kriegsmarine. Er starb am 7. April 1871 in Wien. Nach ihm wurde das für die österreichisch-ungarischen Polarexpedition von Julius Payer und Karl Weyprecht in den Jahren 1872–1874 benannt.
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Bleiben wir noch ein wenig in dieser Zeit: Im Jahre 1904 hielt sich der damals 22-jährige James Joyce als Englischlehrer in Pula auf, wo er einen großen Teil seines Buches „Portrait of the Artist as a Young Man“ schrieb. Auf der Terrasse des Cafés Uliks auf dem Portarata wird die Erinnerung an den großen Romancier lebendig gehalten. Dort sitzt er in Bronze mit markanten Gesichtszügen und wartet auf einen Espresso. Eine Gedenktafel an der Fassade des benachbarten Gebäudes weist darauf hin, dass er in diesem Haus unterrichtet hatte.
Und noch ein Name, der in Zeiten der Corona-Pandemie immer wieder auftaucht, ist Robert Koch. Der Berliner Arzt sorgte zu Beginn des 20. Jahrhunderts dafür, dass die Malaria auf den Pula vorgelagerten Brijuni-Inseln ausgerottet wurde. Der österreichische Industrielle Paul Kupelwieser hatte wenige Jahre zuvor den Archipel erworben und von den Plänen Kochs gehört, in Italien Forschungen über die Malaria anstellen zu wollen. Auf den Inseln erinnert noch Heute ein Denkmal an Robert Koch. Die gesamte Geschichte mit all ihren Geschichten und Anekdoten auszubreiten, würde die Länge dieses Beitrags sprengen – nur soviel: Es lohnt sich, mit der Fähre überzusetzen und sich auf die Spuren von Römern, Venezianern, Monarchen und Staatsmänner sowie weiteren illustren Gästen zu begeben.
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Wandern, Wein und Trüffel – Kulinarische Reise durchs Hinterland
Der nächste Tag soll uns durch die kleinen Dörfer des Hinterlands und auf die Hügel östlich und nordöstlich von Pula führen. Auf dem Weg nach Skitača halten wir bei den Ausgrabungen von Nazakcij. Der antike Ort Nesactium wurde bereits im 7. Jahrhundert zerstört und verlassen und doch finden sich einige Fundamente, die die Jahrtausende überdauert haben. Gut zu erkennen sind die Überreste zweier Basiliken und des Forums. Vom Grabungsfeld genießen wir einen traumhaften Blick über die Landschaft.
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Später steigen wir bei Skitača auf einem Bergrücken hinauf zu zwei etwa 500 Meter hohen Gipfeln, von wo der Blick über die Kvaerner Bucht schweift, bis Rijeka und bis hinüber zur Insel Cres, auf der sich eine der letzten Kolonien von Gänsegeiern in Europa befindet. Wir können nicht umhin, immer wieder den Kopf und den Blick nach oben zu richten. Doch die imposanten Tiere kreisen zuweilen in über 3.000 Metern Höhe und mehr als schwarze Punkte im Gegenlicht des überstrahlenden Himmels bekommen wir nicht zu Gesicht. Die Wanderwege in Istrien sind hervorragend markiert und führen vorbei an verlassenen Weilern, kleinen Kapellen, Olivenhainen und Macchia-Feldern, die nach Thymian, Rosmarin und Salbei duften. Das bringt uns auf die Idee auf dem Rückweg nach einer ländlichen Konoba Ausschau zu halten, die uns Pljukanci serviert – fingerlangen Nudeln puristisch in Salbeibutter geschwenkt. Dazu einen gut gekühlten Tonkrug mit Malvazija Istarska. Das ist Askese des Luxus pur – einfach und unglaublich lecker. Mit einem Malvazija ist man vor Enttäuschungen so gut wie sicher. Aromen von Akazienblüten und hellen Früchten verbinden sich mit zarten Kräuternoten und einer lebendigen Fruchtsäure. Ein optimaler Begleiter zu den Meeresfrüchte- und Fischgerichten der istrischen Küche. Wir genießen schweigend.
Übrigens lebt und arbeitet nur wenige Kilometer östlich von Pula der Che Guevarra unter den Weinmachern Bruno Trapan. Seine Weine heißen beispielsweise Che non Che und zeigen, wie unkonventionell Bruno Trapan arbeitet. Er legt außergewöhnliche Weine vor, die selbst den international renommierten Küchenchef Anthony Bourdain (Gastauftritt in der Simpsons-Folge 23.5 – FoodFellas) ins Schwärmen geraten ließen. Probieren Sie Trapans rote Cuvées mit der autochthonen Rebsorte Teran. Die Weine sind würzig, tiefdunkel und aromatisch. Unser Tipp für den Sommer: die Rose-Variante des Teran.
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Unter weißen Segeln und dem geflügelten Löwen – Auf den Spuren der Venezianer
Am Abend in Pula machen wir Bekanntschaft mit einem älteren Briten, der seit 20 Jahren alleine auf einer Segelyacht lebt. Er lädt uns ein, ihn am nächsten Tag nach Rovinj zu begleiten. Wir sind begeistert und sagen sofort zu, denn Rovinj gehört neben der Lagunenstadt Venedig zu den Städten, denen sich der Reisende von See nähern sollte. Der Klang der Wellen an den Rümpfen der Boote liegt hier seit Jahrhunderten in der salzigen Luft der Adria. Am späten Nachmittag nähern wir uns nach einem entspannten Tag mit Rückenwind und wenig Seegang der mit der Kirche der Heiligen Euphemia gekrönten Halbinsel unter vollen Segeln. Wie Venedig war auch Rovinj einst eine Insel. Erst im Jahre 1763 ist die Meerenge zwischen der Altstadt und dem Festland geschlossen worden. Diesen Inselcharakter sieht man Rovinj noch heute an. Wir bergen die Segel und laufen in den kleinen Hafen ein. Wir bedanken uns bei unserem Skipper und laden in am Abend zum Essen ein.
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Auf der Suche nach einer Konoba schlendern wir gemeinsam durch die engen Gassen der Altstadt hinauf zur Kirche. Rovinj gehörte seit dem Jahre 1283 bis zum Fall der Markusrepublik unter die Herrschaft Napoleons zu Venedig. Hier und da findet sich an den Fassaden der Häuser der geflügelte Markuslöwe. Doch das prominenteste Zeugnis der Verbundenheit mit Venedig ist der 60 Meter hohe Campanile aus dem 17. Jahrhundert, der eine Kopie des Campanile auf dem Markusplatz in Venedig darstellt. Das Kuriose: Nach dem Einsturz des venezianischen Wahrzeichens hat man aufgrund von fehlenden Originalplänen den Glockenturm von Rovinj als Vorbild genommen – so ist das Original auf der Piazza San Marco nun eine Kopie einer Kopie des ursprünglichen Vorbilds. Die Spitze des Turms krönt eine Figur der Heiligen Euphemia, einer Heiligen aus der frühen Zeit des Christentums; aus der zeit Kaiser Diokletians, der sich seinen bescheidenen Altersruhesitz in Split hat bauen lassen.
Ich schweife erneut ab. Doch das ist das Schöne am Mittelmeer, dieser Jahrtausende alten Kulturlandschaft, das alles irgendwie miteinander zusammenhängt. Wovon soll ich zuerst erzählen? Von dem steinernen Sarkophag der Euphemia, der (ursprünglich aus Byzanz stammend) nach einer Sturmnacht in Rovinj an den Strand gespült worden war? Von den traditionellen hölzernen Booten mit Lateinerrigg, den Sandulas, Gajetas, Pasara, Trupas, Bragagnas und Batanas, die im Hafen vor Rovinj in den Wellen schaukeln und im Juni bei einer großen Regatta gegeneinander antreten? Von 20 Kilo schweren Trüffeln, die im Hinterland der istrischen Halbinsel ausgegraben wurden? Und die Römer tauchten auch nur am Rande auf… Es gibt viele zu berichten. Ich hoffe, dass meine Aus- und Abschweifungen Lust machen, sich auf die Spuren, der ein oder anderen Geschichte zu begeben. Die kroatische Küste ist voll davon und man könnte ein Leben damit verbringen, ihnen nachzugehen